Otto Wagner
Die Österreichische Postsparkasse und ihr Architekt Otto Wagner
Otto Wagner wurde am 13.7.1841 als Sohn eines königlich-ungarischen Hofnotars geboren, der bereits fünf Jahre nach Wagners Geburt starb. Bestimmend für die nächsten Jahrzehnte wurde seine Mutter, begüterter bürgerlicher Herkunft, die ihn zum Juristen ausbilden wollte. Dennoch absolvierte er nach Abschluß der humanistischen Grundausbildung im Alter von sechzehn Jahren das Wiener Polytechnische Institut. Theophil Hansen vermittelte Wagner anschließend die Möglichkeit des Studiums an der Königlichen Bauakademie Berlin. Bereits 1861, im Alter von zwanzig Jahren, kehrte Wagner nach Wien zurück und beendete schon ein Jahr später sein Studium der Architektur an der Akademie der bildenden Künste bei den von ihm hochverehrten Lehrern Siccardsburg und van der Nüll. Anschließend begann er seine praktische Tätigkeit im Atelier des Ringstraßenplaners Ludwig von Förster, wo er sofort in leitender Funktion tätig war.
1863 heiratete Wagner, auf drängenden Wunsch der Mutter, Josefine Domhart. In den folgenden Jahren war Otto Wagner ein erfolgreicher Gründerzeit-Architekt. Er baute Mietshäuser, die er plante, finanzierte, selbst bewohnte und dann wieder verkaufte, und beteiligte sich an Wettbewerben. 1880, nach dem Tod seiner Mutter, erfolgte Wagners Scheidung aus dem „moralischen Kerker“ mit seiner ersten Frau. Wagner heiratete Louise Stiffel, der er bis über ihren Tod (1915) hinaus in geradezu kultischer Verehrung verbunden blieb.
1890 gab Wagner im Eigenverlag den ersten Band von „Einige Skizzen, Projekte und ausgeführte Bauwerke“ heraus. Mit den weiteren Bänden 1897, 1906, 1922 sind damit schon in seiner Zeit die wichtigsten Werke Wagners dokumentiert. Zunehmend ist er von den neuen Entwicklungen der Wissenschaft und Technik fasziniert. 1893 gewinnt Wagner einen der beiden Preise beim Wettbewerb für den neuen „Generalregulierungsplan“ für Wien. Von Gottfried Semper übernimmt er dafür das insgesamt lebensbestimmende Motto: „Artis sola domina necessitas“. Wagner wird in der Folge zum künstlerischen Beirat der Kommission für die Wiener Verkehrsanlagen und der Donau-Regulierungskommission auf Vorschlag des Künstlerhauses bestellt. Dies mündet in seinen epochalen Entwürfen und Bauten für die Wiener Stadtbahn und den Donaukanal.
1894 folgt die Ernennung zum ordentlichen Professor und zum Leiter einer Spezialschule für Architektur an der Akademie der bildenden Künste. 1896 publiziert er erstmals seine revolutionären Grundsätze in dem Buch „Moderne Architektur“. Die letzte, vierte Auflage 1914 nennt er bereits „Die Baukunst unserer Zeit“. Die visionären Projekte der „Wagner-Schule“ werden zur Legende und die Schule bringt eine Reihe bedeutender Baukünstler hervor: Rudolph M. Schindler, Jan Kotera, Joze Plecnik, Josef Hoffmann, Ernst Lichtblau, etc. Als Wagner 1912 die Akademie verläßt, wird von den Studenten sein Nachfolger abgelehnt. Wagner unterrichtet sie in eigens angemieteten Schulräumen weiter.
Um 1900 entstehen Otto Wagners Hauptwerke: Die Postsparkasse und die Kirche am Steinhof. Gerade wegen dieser Erfolge wird er von konservativen Kreisen stark bekämpft. Viele weitere Entwürfe wie für das Kaiser Franz Joseph-Stadtmuseum, das Technische Museum, eine neue Akademie der bildenden Künste, Kriegsministerium und Handelsministerium werden nicht verwirklicht.
In den letzten Kriegsjahren des Ersten Weltkriegs entwirft Wagner Spitäler, Baracken für Soldaten, Interimskirchen. Er stirbt am 11. April 1918.